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„Wenn du kein Deutsch kannst, hast du Pech gehabt.“

Interview mit einem Antira-Aktivisten über Rassismus bei den Behörden.

Ob Ausländerbehörde oder Jobcenter, überall erwartet People of Color in Deutschland eine ähnliche Situation: Unfreundliche Mitarbeiter_innen, wenig oder gar keine Erklärungen und oft auch mal ein widerlicher Spruch. Das liegt aber nicht allein an einzelnen schlecht gelaunten, latent rassistischen Mitarbeiter_ innen der einzelnen Behörden, sondern das ganze hat System. Wir haben uns mit einem Antira-Aktivisten der Gruppe Corasol, die Menschen auf Ämter und Behörden begleitet, über seine Erfahrungen unterhalten.

SaZ: Was für Erfahrungen hast du bei der Ausländerbehörde oder beim Jobcenter gemacht? Wie sind die Leute da mit dir umgegangen?
P.: Als ich meine Aufenthaltsgenehmigung bekommen hatte, musste ich mich beim Jobcenter anmelden.
Dort habe ich eine sehr schlechte Erfahrung mit der Mitarbeiterin gemacht.
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Gefährlicher als Pyrotechnik

Das Runde muss ins Eckige. Doch manche Partie des gepflegten Rasensports entwickelt sich zur Hetzjagd und das Stadion der Freundschaft wird zur Arena der Feindschaft. Wie Fußball der Nation dient und warum Meister der Herzen häufig von Meistern des Hasses angefeuert werden.

Trikot anziehen, Bier in die Hand, Nationalfarben in die Fresse und losgrölen. Fertig sind der Deutschland-Fan und das bekannte und immer wiederkehrende Bild von Fanmeile – einem Meer aus Papp-Fähnchen und schwarz-rot-doofer Bierseligkeit. Auf den ersten Blick scheint das ja alles harmlos und wie ein großes Fest zu sein. Ist es leider nur nicht. Wenn nach einem Sieg in irgendeinem Spiel nervhupend im Auto-Korso durch die Stadt gefahren wird, geht es nämlich neben dem Spaß und der großen Party auch um das Zugehörigkeitsgefühl zu etwas Großem. Zu einem Kollektiv: der Nation. Diese Sehnsucht nach der Gemeinschaft konnte in Deutschland ja lange wegen des blöden Nationalsozialismus nicht gezeigt werden – so zumindest die Meinung vieler.
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White Charity

Schwarzsein und Weißsein auf Spendenplakaten.

Auf Bahnhöfen oder vor Supermärkten – an vielen Orten in Deutschland sieht man Aufrufe von Nichtregierungsorganisationen wie ‚Brot für die Welt’ ‚Care’ oder ‚Welthungerhilfe’, die mit großen Plakaten zum Spenden für irgendeinen „guten Zweck“ werben. Welche Auswirkungen diese Plakate auf die Menschen in Deutschland haben, zeigt der Film `White charity`.

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„Don‘t tell me sexism does not exist!“

Interview mit Kate Nash
Kate Nash ist Musikerin, Feministin, hatte ihren ersten Nummer-1-Hit mit 20 und hat nun vor kurzem ihr drittes Album „Girl Talk“ veröffentlicht. Wir sprachen mit ihr über Sexismus in der Musikbranche, ihr politisches Engagement in Ghana und Rassismus in England.

SaZ: Du hast eine neue Band, dein eigenes Record Label, spielst jetzt Bass und kein Klavier mehr. Warum hast Du das neue Album mit Crowdfunding finanziert?

Kate Nash: Ich hatte gerade eine eigenartige Zeit, hatte ziemlich viel Scheiße erlebt und wollte mich da einfach durcharbeiten, ich habe weiter an meinem Album geschrieben. Wenn ich das Album nicht veröffentlicht hätte, wäre ich wahrscheinlich verrückt geworden, das war wichtig für meine seelische Verfassung. Während der Produktion hat mich das Label plötzlich gekickt.

Deine Musik ist teilweise sehr persönlich. Du hast in einem Interview gesagt, dass du in Songs bestimmte Sachen ausdrücken kannst, die Du sonst nicht sagen könntest. Wie fühlst Du dich, wenn Du solche Lieder dann vor Hunderten Menschen spielst und die Aussagen von Dir mitsingen, die mal sehr schmerzhaft waren?
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That‘s Not My Name!

Warum wir manchmal einen Strich zwischen den Wörtern machen? Weil hinter Sprache viel mehr steckt als viele denken.

Putzmann, Vatersprache, Mechanikerin, Mutterland, Bauarbeiterin.
Ist euch etwas aufgefallen? Noch ein paar Beispiele: Krankenbruder, Hausmeisterin, Kindergärtner, Tagesvater. Und wieso denken alle bei einer Autoreparatur immer an einen Mann, beim Abwaschen und Putzen jedoch an eine Frau?
Ihr merkt vielleicht worauf wir hinauswollen. Sprache funktioniert nicht so einfach wie es scheint. Auch in der Sprache gibt es Stereotype, Diskriminierungen, Klischees und Rollenbilder. Sprache bildet eben nicht nur die Wirklichkeit ab und ist neutral, sondern ist gesellschaftlich konstruiert, hat eine Wirkung auf die Menschen und ist natürlich auch veränderbar.
Mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten und Versuche, diesen Sexismus und diese Normen in der Sprache aufzubrechen. Eine der Möglichkeiten ist es zu gendern. Das bedeutet z.B.: statt Student StudentIn zu schreiben. Weil wir die Leute allerdings nicht auf männlich oder weiblich festlegen wollen und weil es noch Menschen jenseits dessen gibt, schreiben wir Student_in. Der Unterstrich steht für all die, die sich nicht kategorisieren lassen oder die nicht kategorisiert werden wollen.
Oftmals kann es auch vereinfacht werden, indem z.B. einfach von Studierenden gesprochen wird, dabei wird die Unterscheidung in verschiedene Geschlechter gar nicht erst aufgemacht.
Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass allein der Verweis auf das Geschlecht schon negative Auswirkungen haben kann. Teilnehmende einer Studie mussten vor dem Test Fragebögen ausfüllen, Frauen die vorher auf dem Fragebogen ihr Geschlecht angeben mussten, haben danach bei Mathematiktests schlechter abgeschnitten, als die, die es nicht angeben mussten. Außerdem zeigt sich, dass Berufe, die bisher klare Männerdomänen waren, attraktiver für Frauen werden, wenn sie geschlechtsneutral dargestellt werden. Weiterlesen →

Solidarität mit Pussy Riot!

Ein Interview mit einer Aktivistin und Musikerin der sibirischen Punkband Kissmybabushka

Die Nachricht ging um die Welt, Madonna, Sting und die Red Hot Chilli Peppers schickten Solidaritätsadressen: Drei Mitglieder der queer-feministischen Band Pussy Riot aus Moskau waren im März 2012 verhaftet worden und sollen nun für zwei Jahre ins Straflager. Wir sprachen mit der feministischen Punkband Kissmybabushka aus Novosibirsk über die Situation von Feminist_innen in Russland, über ihre Solidaritätsarbeit für Pussy Riot und ihre eigene Repressionserfahrungen. Denn von diesen musste auch Kissmybabushka einige machen: Als eines ihrer Mitglieder 2009 wegen des Engagements der Band ins Gefängnis musste, sammelten die Mitglieder von Pussy Riot Geld für den inhaftierten Künstlerkollegen. Jetzt sind es die Aktivist_innen von Kissmybabushka, die in Novosibirsk Zeichen der Solidarität mit den inhaftierten Frauen von Pussy Riot setzen.

SaZ: Im vergangenen Jahr wurden drei junge Frauen verhaftet, nachdem sie in einer Kirche vor dem Altar ein „Punk-Gebet“ gegen Kirche und Staat, gegen Abtreibungsverbot und „Gottesscheiße” veranstalteten. Die Anklage lautete auf „Rowdytum aus religiösem Hass“. Kannst Du beschreiben, was genau passiert ist?

Kissmybabushka: Einige Zeit vor der Wahl Putins veranstaltete die Gruppe Pussy Riot in der Christ-Erlöser-Kathedrale dieses „Gebet“. Die Kathedrale in Moskau gilt als die wichtigste Kirche Russlands, in ihr finden die offiziellen Gottesdienste statt, an denen Putin teilnimmt und welche im Fernsehen übertragen werden.
Das war nicht die erste Aktion der Punk-Feminist_innen, im Laufe des vorhergehenden Winters machten sie einige ähnliche Aktionen – in der U-Bahn, auf dem Dach einer Straßenbahn, in Modegeschäften und Bars (alle selbstverständlich nicht legal). Kurz bevor der Patriarch Kyrill alle Orthodoxen aufforderte, bei der Wahl Putin zu unterstützen, äußerte er : „Orthodoxe Menschen gehen nicht auf Kundgebungen“.

Waren denn eigentlich solche Folgen vorhersehbar?

Diese Folgen waren nicht vorhersehbar, erwartbare Strafen, im schlimmsten Falle, waren 15 Tage Arrest, was bei politischen Aktionen oft verhängt wurde. In den Kirchen traten nun die Priester auf und erklärten, dass es nötig ist, die „Heimat vor der Lästerung zu schützen“, in Moskau führte der Patriarch einen „Versammlungs-Gottesdienst“ gegen Pussy Riot an, d.h. die „Unzufriedenheit“ wurde bewusst angeheizt.

Wie gestaltet sich Eure Arbeit vor Ort? Gibt es Einschränkungen bei der Unterstützungsarbeit? Wie viele Teilnehmer_innen beteiligen sich in Novosibirsk und wie gefährlich ist die Arbeit dort?

In Novosibirsk wurde im April eine Kundgebung zur Unterstützung der jungen Frauen verboten. Seitdem wurden in der Stadt praktisch keine Kundgebungen mehr direkt verboten – stattdessen denken sie sich Gründe aus, wie z.B., dass der Platz bereits besetzt sei oder ähnliches.
Im März platzierten wir einige Plakate zur Unterstützung der Gruppe in Werbeanlagen. Dafür, dass sie eine Ähnlichkeit mit Ikonen hatten, habe ich drei Anzeigen erhalten („wegen Beleidigung religiöser Gefühle“). Später haben wir T-Shirts mit diesen Bildern bedruckt und dann auf Konzerten verkauft, um Pussy Riot Geld ins Gefängnis schicken zu können.
Polizisten in Zivil haben T-Shirts gekauft und daraufhin noch einmal mehrere Anzeigen gegen mich gestellt – wieder aufgrund der „Verletzung religiöser Gefühle“ (für jedes T-Shirt eine Anzeige). Diese Dinge sind bisher nicht zur Anklage gekommen, und dafür droht nur eine verhältnismäßig geringe Strafe (für die Plakate in den Leuchtkästen im Sommer musste ich nur 1000 Rubel (ca. 25 Euro) zahlen). Im Vergleich zu den zwei Jahren Gefängnis, welche die Frauen gekriegt haben, ist das lächerlich. Jetzt gerade beschäftigt sich das Parlament allerdings mit einem neuen Gesetz, um die Verletzung religiöser Gefühle mit drei Jahren Gefängnis ahnden zu können. Neben uns gibt es noch ein Dutzend linker und liberaler Aktivist_innen, die auch Pussy Riot unterstützen.
Zur Frage der Sicherheit: Die Situation ist ein bisschen angespannt, aber ich glaube nicht, dass wir wirklich festgenommen werden. Auch wenn ich selbst vor drei Jahren im Zusammenhang mit einer Aktion zum ersten Mai im Gefängnis saß, wegen untergeschobener Drogen.

Wie seid ihr politisiert worden?

Vor acht Jahren waren die ersten Wahlen, für die ich mich interessiert habe. Ich habe verstanden, dass das eine Imitation ist, zudem noch eine sehr schlecht gemachte: Niemand zweifelte, dass Putin siegen wird, die anderen Parteien haben nicht mal ihre Kandidat_innen aufgestellt.
Mir gefielen anarchistische Ideen und seit dem zähle ich mich zu den Linken, aber leider interessiert sich hier fast niemand dafür.

In den deutschen Medien werden „Pussy Riot“ gewöhnlich als Punk-Gruppe oder als Aktivistinnen beschrieben, die feministische Stoßrichtung der Gruppe findet seltener Erwähnung.

Ja, auch im Prozess spielte das keine Rolle, selbst die Rechtsanwält_innen von Pussy Riot haben die feministische Komponente der Aktion ignoriert und die Aufmerksamkeit nur auf den Protest gegen Putin gerichtet. Das wird sich jetzt mit neuen Anwält_innen hoffentlich ändern. Spannend für eine feministische Einschätzung ist auch, dass bei der Aktion in der Kirche nach den „Hintermännern“ gesucht wurde – schnell kam der Mann einer der Frauen von Pussy Riot in den Blick der Justiz. Die Frauen als eigenständig handelnde Personen wahrzunehmen, das geht nicht in den Kopf eines Sexisten.

Es ist ein Spiel mit dem rebellischen Image: Madonna und andere VIPs verkünden ihre Solidarität. Für Pussy Riot zu sein ist hip. Was hältst Du davon?

Es gibt tatsächlich Leute, die Pussy Riot nur dieser Mode wegen unterstützen, aber, ich denke erstens, solche Leute bilden nur 5-10 % der Unterstützer_innen und zweitens ist es nicht die allerschlechteste Mode.

Es wirkte in Deutschland schnell so, als wären alle für Pussy Riot. Doch wie das in der deutschen Öffentlichkeit verhandelt wurde, war teilweise ziemlich eklig. Da wird die russische Bevölkerung rassistisch als rückständig und traditionell dargestellt, um sich selber als Hort der Meinungs- und Redefreiheit in Europa auf die Schultern zu klopfen. Und weit geht die Unterstützung von Pussy Riot auch nicht: Als der Preis „Das unerschrockene Wort“ der Stadt Wittenberg an die Band vergeben werden sollte, wehrten sich dann schnell deutsche Kirchenvertreter und meinten: „Eine Lutherstadt sollte keine Gotteslästerung ehren“. Auch in Deutschland forderten in letzter Zeit viele Medien strengere Regeln gegen Blasphemie. Erleben wir gerade einen religiösen Rollback?

Die Kirche hat den Fall zu nutzen gewusst, aber gleichzeitig bekam sie auch viel Kritik ab. Nach der Verhaftung [von PR] sind sehr viele Geschichten mit Finanzaffären aufgeflogen, die früher niemand beachten wollte. Die Kirche sprach sogar davon, dass es eine „vom Westen initiierte Welle“ gegen sie gebe.

Straßen aus Zucker sind gegen jede Form von Staat und Regierung. Sicherlich lehnen wir reaktionäre Präsident_innen ab, aber wir wollen uns generell nicht regieren lassen. Doch in der deutschen Öffentlichkeit denken viele, dass das Ziel der Opposition in Russland einfach nur eine Regierung ohne Putin ist. Stimmt das denn? Wollen Pussy Riot einen besseren Präsidenten? Gibt es von eurer Seite eine grundlegendere Kritik am Staat und am Regiertwerden?

Ja, Putin ist nur ein Symbol. Niemand von uns sagt, dass wir einen anderen Menschen auf dem Platz des Präsidenten brauchen. Nur ein kleiner Teil der Protestierenden ist jedoch politisiert, man kann die meisten nicht links oder liberal nennen, das sind einfach „wütende Bürger“.

Kannst Du was dazu sagen, wie feministische Politik und wie radikale linke Politik in Russland funktionieren?

Im Vergleich zu europäischen Maßstäben gibt es kaum eine linke Bewegung in Russland. Ich meine die wirkliche linke Bewegung und nicht die „Kommunistische Partei“, die praktisch nur noch aus ihrer todgeweihten stalinistischen Scheiße besteht. Im Grunde sind es kleine Gruppen, bestehend aus 10-12 Leuten. Feminismus ist überhaupt exotisch. Vielleicht bin ich wirklich übermäßig skeptisch. Aber russische Proteste kann man nicht links nennen. Im Allgemeinen gibt es hier eine Krise mit der politischen Selbstbestimmung. Die Leute sind enttäuscht von der „Politik“ und suchen nach „Ehrlichkeit“ bei den Schriftsteller_innen und Journalist_innen. Amüsant.

Hot topic (is the way that we rhyme)

Warum Vampire keine guten Boyfriends sind, SM-Sex mit Milliardären nicht unbedingt spannend ist und worum es bei dem „Bechdel-Test“ geht

Franziska ist angepisst. Sie kickt die auf dem Gehsteig liegenden Steine vor sich her. Und das alles nur wegen der Geschichtsstunde in der Schule. Ihre Lehrerin Frau Buva hat über Demokratie und Wahlrecht geredet und dabei auch übers Frauenwahlrecht gesprochen. Dabei hat sie erzählt, dass z.B. in der Schweiz das Frauenwahlrecht erst 1971 eingeführt wurde. In dem Kanton Appenzell Innerrhoden (heißt wirklich so) sogar erst 1990, gegen den Willen der männlichen Stimmbürger und erst nachdem Frauen aus dem Kanton beim Schweizer Bundesgericht Klage eingereicht hatten.
Frau Buva ist dann allerdings ein wenig vom Thema abgeschweift und hat längere Zeit über Sexismus und Lohnunterschiede in der Gesellschaft gesprochen. Nach der Stunde haben sich dann die Jungs und auch ein paar Mädchen das Maul über sie zerrissen, sie sei doch sicher ´ne „Kampflesbe“, das merke man doch schon an ihren kurzen Haaren. Franziska hat sich in dem Moment nicht getraut was dagegen zu sagen. Obwohl Frau Buva echt cool ist und eigentlich ja auch recht hat mit dem was sie sagt. Weiterlesen →

Only you. And you. And you.

Von romantischen Zweierbeziehungen, „freier Liebe“ und Polyamory

Soll Liebe in der Gesellschaft eine bessere vorstellen, so vermag sie es nicht als friedliche Enklave, sondern nur im bewußten Widerstand
(Theodor Adorno)

Selbst wenn man nicht auf Liebeslieder im Radio steht oder Hollywoodromanzen vermeidet, so scheint eines doch klar zu sein: Irgendwo da draußen gibt es Mr. oder Mrs. Right. Die eine Person, mit der man glücklich werden wird. Und wenn sie dann da ist, dann ist erstmal alles gut: Wir beide gegen den Rest der Welt, als Lover, Freund_innen, Unterstützer_innen, und später vielleicht auch mal als Eltern für Kinder. Seufz, so schön! Dabei hat sich auch einiges in den letzten Jahrzehnten geändert: Man muss als Paar nicht unbedingt heiraten, auch schwules oder lesbisches Herzklopfen ist erlaubt, die Kinder oder das Zusammenziehen sind nicht zwingend notwendig, und wenn man sich doch mal trennt oder scheiden lässt, dann wird man sogar als Frau nicht krass verurteilt. Und bis Mr. Right dahergestapft kommt, muss man nicht unbedingt im Zölibat leben – lose Affären oder „Friends with Benefits“ sind akzeptierter als zu den Zeiten, in denen man entweder Single oder unter der Haube war. Aber vieles ist doch gleichgeblieben: Wenn man in einer Beziehung ist, dann wird man von außen gefragt nach einem_r, und genau einem_r, Freund oder Freundin. Und das bedeutet dann auch was ganz Bestimmtes: Das ist die Person, mit der man in den Urlaub fährt, Silvester verbringt, der oder die man den Eltern vorstellt, Kosenamen gibt, an Jahrestage denkt, morgens um 4 anruft, wenn was doof ist. Ja, das ist „mein“ Freund, oder „meine“ Freundin, das ist das Konzept „romantische Zweierbeziehung“ (RZB). Weiterlesen →

Let‘s talk about love, sex and friendship

Statt einer Einleitung

Liebe und Verliebtsein ist schön. Und kann ganz schön weh tun. Doch viele können auch dem vergeblichen Verknalltsein etwas abgewinnen, plötzlich ist man das erste Mal gern zur Schule gegangen. Liebe ist der Traum davon, händchenhaltend in den See zu springen. Anderen ist das zu kitschig.
Das Gerede über Liebe ist penetrant. Es gibt Zeiten, da dreht sich das Gespräch nur darum. Wer wen süß findet. Das hatte was von Gruppendruck, irgendwer ist zum begehrtesten Jungen der Klasse erkoren worden und plötzlich sind alle in den. Und die, die eigentlich überhaupt kein Interesse an dieser Frage haben, müssen trotzdem mitmischen, um nicht raus zu fallen. Viele fallen aber sowieso raus und sind nicht nur beim Sport die, die als letzte gewählt werden. Andere machen notgedrungen mit beim Jungstalk, wer jetzt das hotteste Mädchen sei, obwohl sie sich eigentlich eher für Jungs interessieren. Und fragen sich unaufhörlich, ob das, was sie gerade fühlen, nun das sei, wovon alle reden. Weiterlesen →

„What the F******!“

Warum Frauenrechte nicht nur was für deine Mudder sind

Franziska: Was steht denn da auf deinem Beutel? „Still loving feminism!“? Wie oldschool ist das denn – haste den von deiner Mum?
Alex: Nein! Der ist meiner, hat mir mein Bruder geschenkt. Was heißt denn hier oldschool?
F: Feminismus war vielleicht früher mal wichtig. Aber Gleichberechtigung, also dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer – das ist doch längst Realität! Frauen werden gar nicht mehr benachteiligt! Sogar im Grundgesetz steht Gleichberechtigung, das haben wir in der Schule besprochen. Und sogar der deutsche Bundeskanzler ist eine Frau!
A: Ja, im Gesetz steht, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollen. Das zeigt doch aber schon, dass das nicht selbstverständlich ist: Es muss nochmal extra gesagt werden.
Ich weiß ja nicht, in was für einer Welt du lebst – in meinem Alltag werden immer noch Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht, gleiche Gesetze hin oder her: Nerviges Machogehabe, angeblich „zufälliges“ Angegrabsche auf Partys. Und wenn ich hinterher alleine nach Hause gehe und kein Mensch mehr auf der Straße ist, habe ich oft ein doofes Gefühl. Jungs geht das nicht so!
F: Okay, das ist jetzt vielleicht deine persönliche Wahrnehmung. Aber es zwingt dich doch niemand, das rosa Zeug zu kaufen und Hausfrau zu werden. Du kannst doch machen, was Du willst.
A: Wenn das so einfach wäre, hätte ich es schon längst gemacht – alleine kommst du aus diesem Mist aber nicht raus! Es ist ganz schön schwer, einfach eigene Ideen umzusetzen, die nichts mit den Vorstellungen der Gesellschaft zu tun haben sollen. Google mal „sexy“: Da findest du als hundert erste Treffer Bilder von nackten Frauen. Warum sollen denn nur die sexy sein? Mario Barth füllt ganze Stadien mit seinem frauenfeindlichen Gelaber. Frauen verdienen immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen, werden viel seltener Chefs und für Hausarbeit werden sie gar nicht bezahlt. Da dran ändert sich erst mal nix, nur weil ich meine Einstellung verändere. Weiterlesen →