Interview mit Anda Morts
Anda Morts ist 26 Jahre alt, lebt in Linz und hat seine Musik früher DIY in seinem WG-Zimmer produziert. Heute hat er zwei Musiker an seiner Seite und spielt Hits wie »Adidas für Mama« oder »Leere Flaschen« vor ausverkauftem Haus. Wir haben den Indie-Punker aus Österreich gefragt, was eigentlich seine Utopie ist.
SaZ: Was regt dich in unserer Gesellschaft so richtig auf?
Anda Morts: Man schaut Nachrichten, hört, wie scheiße alles mit der Klimakatastrophe läuft, und gleich danach, zur besten Sendezeit, kommt Werbung für eine Kreuzfahrt. Die Trägheit der Gesellschaft, solche offensichtlichen Widersprüche zu hinterfragen, frustriert mich sehr. Bei Themen, die einen gar nicht selbst betreffen, wird dann aber überdurchschnittlich viel mitdiskutiert, weil es angenehmer ist, sich über andere Menschen aufzuregen, nur weil sie anders leben, lieben oder arbeiten wollen als die Generation vor ihnen. Dabei kommt Veränderung immer von wenigen Menschen, die damit anfangen.
Wie sieht deine Utopie aus?
Ich bin ein Geschichtsnerd, und der Spanische Bürgerkrieg hat mich darauf gebracht, Bücher über Anarchismus zu lesen. Für mich ist Anarchismus die Utopie, obwohl das ja vieles sein kann – oder gerade deshalb. Aber wenn Hierarchie mal weg ist und Menschen aufhören, über andere bestimmen zu wollen, ist das schon mal ein guter Anfang. Daraus lässt sich alles ableiten, was mir wichtig ist: Feminismus, Antifaschismus und das klare Verständnis, dass es keinen Platz für Rassismus, Sexismus, Homophobie, Transfeindlichkeit, Xenophobie und den ganzen anderen Blödsinn gibt. Den Rest soll jede Person selbst entscheiden, solange ich meine Ruhe habe und alle anderen auch.
Kennst du Orte in deiner Nähe, die so was wie ein kleiner utopischer Gegenentwurf zur Normalität sind?
Ich wohne in Linz in Österreich. Wie die letzten Wahlen wieder mal gezeigt haben, ist Österreich nicht gerade eine Insel der Toleranz und Offenheit. Aber auch hier haben wir zum Glück Kulturvereine, Jugendzentren und Clubs, in denen Gegen- und Subkultur gelebt wird. In Linz sind das für mich auf jeden Fall die Kapu, das DH5 oder die Stadtwerkstatt.
Haben sich deine Vorstellungen von einer idealen Welt im Laufe deines Lebens verändert?
Gratis Süßigkeiten sind irgendwann von der Liste gerutscht, oder zumindest weiter runter. Aber Nazis fand ich schon mit sechs Jahren scheiße. Im Laufe der Zeit hat sich gefestigt, was ich wichtig finde und was nicht.
Lohnt es sich, für eine andere Welt zu kämpfen?
Auf jeden Fall! Der Achtstundentag, das allgemeine Wahlrecht, Sozialversicherungen – das sind alles Dinge, die die Arbeiter:innenschaft erkämpft hat. Wir könnten diese Dinge auch wieder verlieren, wenn wir als Gesellschaft nicht wach bleiben. Deshalb sollten wir uns die Fähigkeit (wieder) aneignen, Widerstand zu leisten und Forderungen zu stellen.
Hast du Energie dafür? Was gibt dir Power?
Ich habe diese Energie immer in Musik gesteckt und ins Schreiben. Jahrelang habe ich sehr viel sehr politisches Zeug geschrieben, allerdings auf Englisch. Die Texte und Songs von Anda Morts sind immer noch politisch, wenn auch nicht so offensichtlich.
Wenn du die Möglichkeit hättest, eine Sache in diesem Land zu verändern – was würdest du tun?
Die Schere zwischen Arm und Reich ist für mich eines der dringendsten Probleme. Konzerne und extrem reiche Personenkreise entziehen sich ihrer Verantwortung. Diejenigen, die ihr Vermögen ins Ausland verschiffen, um Steuern zu sparen, gelten als kluge Geschäftsleute. Und Menschen, die Nudeln klauen, weil sie Hunger haben, als Verbrecher:innen. WTF?!