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Wie Rechte im Netz auftreten, was das mit Kommentarspalten bei Spiegel-Online zu tun hat und was wir von Online-Antifaschismus halten

Auch wenn manche immer noch glauben, das Netz sei ein Hort der Demokratie, der uns nur in den letzten Jahren von einer kleinen Hater-Minderheit verdorben wurde – wir finden, es ist an vielen Stellen ein ziemlich hässlicher Ort. Neben all den „besorgten“ Bürgis tummeln sich hier Faschist*innen und lupenreine Oldschool-Nazis und tragen jeweils ihre Ideologien ins Netz, verbreiten Rassismus, Sexismus und Nationalismus. Dabei gehen die Rechten organisiert vor, schüchtern politische Gegner*innen ein, erkämpfen sich die Kommentarspalten und scheinen den Kampf um die Aufmerksamkeit zurzeit zu gewinnen. Und auch ohne Fascho-Trolle passiert viel Widerliches. In den sozialen Netzen entlädt sich Enthemmung und Hetze. Da soll noch jemand von zivilisiertem Meinungsaustausch reden. Sehen wir nicht.

Klar, das Internet müsste nicht so ein hässlicher Ort sein. Wir nutzen es ja täglich für ganz wunderbare Dinge. Wir bleiben in Kontakt mit Freund*innen, tauschen uns aus, finden darin Informationen und organisieren uns. Online und Offline sind eigentlich nicht mehr zu trennen. Gerade weil das Netz von Milliarden Menschen für alles Mögliche genutzt wird, ist es für die politische Linke so wichtig. Online-Aktivismus, solo hinter dem Bildschirm, ersetzt aber keine Organisierung mit anderen Menschen. Denn die Lernprozesse, die wir durchlaufen, wenn wir uns in Gruppen zusammenschließen, auf Aktionen vorbereiten und die politischen Konsequenzen besprechen, finden nicht statt, wenn wir allein bleiben. Häufig bleibt es bei der einen oder anderen unterzeichneten Petition. Doch das heißt nicht, dass Aktivismus im Netz grundsätzlich Quatsch ist, denn auch online werden wichtige Kämpfe ausgetragen.

Digitale Brandbeschleuniger

Rechte sind im Netz so erfolgreich, weil sie an dem anknüpfen können, was viele Menschen in der Mehrheitsgesellschaft sowieso schon denken: Dass Arbeitslose faul seien. Dass Geflüchtete aus „Kulturen“ kämen, die mit der einheimischen unvereinbar seien. Dass „wir“ einer Nation angehören und unser Interesse ihrem Wohlergehen gelten sollten. Darum setzen organisierte rechte Internet-Aktivist*innen darauf, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Leute diesen Ekligkeiten freien Lauf lassen können. Sie versuchen massiv in Diskussionen einzugreifen, beispielsweise, in dem sie Twitter-Debatten in ihrem Sinne kippen.

Sollten wir uns darauf einlassen und versuchen, die hitzigen und hasserfüllten Online-Diskussionen in unserem Sinne zu beeinflussen? Klar ist: Faschist*innen sind Menschenfeind*innen. Als solche müssen sie benannt werden. Wir wollen nicht mit ihnen diskutieren und sie von unserer Meinung überzeugen. Auch online sollte es darum gehen, ihnen militant entgegenzutreten und ihren Erfolg zu sabotieren. Damit sie aufhören, Menschen einzuschüchtern und gegen sie zu hetzen. Aber wie stellen wir das an?

Antifa heißt Angriff und Support

Der ZDF-Polizistensohn Jan Böhmermann hat im Sommer 2018 eine eigene Troll-Armee ins Leben gerufen, um die rechten Trolle mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Die Idee: Dem Hass und der Intoleranz der Rechten mit Verständnis, Vernunft, Humor und Liebe begegnen. Keine schlechte Idee. Böhmermanns Truppe setzt orchestriert Hashtags und Kommentare ein, um antifaschistische und progressive Ideen und Projekte zu pushen. Aber bringt das was? Wir sind skeptisch: Es geht an der Sache vorbei, das Internet mit Love zu fluten und zu hoffen, damit sei es getan. Hass und Hetze im Netz sind keine Probleme, die uns eine kleine Gruppe pubertärer Faschos beschert, sondern welche, die ziemlich weit verbreitet in der Gesellschaft sind. Es genügt ein Blick in die Kommentarspalten größerer Zeitungen, um all die Beiträge zu finden, die ihren autoritären Gehalt nur etwas besser verstecken können.

Wir sollten rechte Positionen als solche sichtbar machen, wenn sie nicht ohnehin offen zu erkennen sind. Dabei geht es nicht nur darum, Rechten den Raum zu nehmen. Ihnen online die Beine wegzuziehen bedeutet auch allen, die mitlesen, den Kontext rechter Positionen klarzumachen, also warum sie mit ihren Posts und Videos an autoritäre und faschistische Ideologien anknüpfen. Vor allem gilt es auch diejenigen zu supporten, die Ziele rechter Angriffe sind. Sich mit solchen Situationen alleine zu fühlen ist nun mal auch online scheiße.

Weitermachen:

Hier sind einige ganz unterschiedliche Aktionen, die Leute schon gemacht haben. Sie sind nicht ungefährlich, denn Strafverfolgungsbehörden quittieren sie nicht gerade mit Beifall und Online-Faschos sind immer noch Faschos, die eventuell gewalttätig werden oder ihre politischen Gegner auf andere Weise angreifen.

Rechte Positionen in Kommentarspalten entlarven
Aufwand: **
Schwierigkeitsgrad: *
Weil viele Menschen in dieser Gesellschaft rassistische und autoritäre Grütze im Kopf haben, äußern sie sich auch in den Kommentarspalten entsprechend. Dagegen vorzugehen ist mühsam. Aber wenn jemand mal wieder behauptet, dass das „deutsche Volk“ durch Geflüchtete ausgetauscht werden soll, dann lasst das nicht so stehen. Es geht dabei nicht immer darum, Gegendarstellungen zu posten, sondern zu erklären, warum solche Äußerungen faschistisch, antisemitisch, sexistisch oder rassistisch sind.

Geschlossene Organisationsplattform von Faschistinnen infiltrieren
Schwierigkeitsgrad: *******
Aufwand: ***
Auch wenn sie selten mit solchen Aktionen prahlen: immer wieder gelingt es Antifaschistinnen, sich Zugang zu Foren zu verschaffen, in denen militante Neonazis und andere Rechte kommunizieren. Sie lesen Diskussionen mit und können teilweise offenlegen, wer die Forums-Mitglieder sind und in welcher Verbindung sie zu anderen Rechten stehen. Solche Informationen veröffentlichen sie dann online – selten über klassische Medien – oder sie finden sich in ausführlichen Recherchetexten. Sich in geschützte Foren zu schleichen und Informationen abgreifen ist sicherlich kein Zuckerschlecken, fördert aber wichtige Informationen über on- und offline-Aktivitäten von Rechten zutage.

Private Mails von Faschos klauen und veröffentlichen
Schwierigkeitsgrad: ***
Aufwand: *******
Hinter der demokratischen Fassade rechter Parteien steckt meistens mehr menschenverachtende Ideologie als öffentlich sichtbar ist. Sie geben sich moderat und an sozialen Problemen interessiert, aber in privaten Chats lassen sie ihrer Verachtung freien Lauf. In den letzten Jahren wurden immer wieder die privaten Chats und E-Mails von Rechten geleakt. Sie zeigen, welche Positionen sie in geschützten Räumen einnehmen und in welcher Verbindung sie auch zu anderen rechten Gruppen stehen.

Watch-Blog betreiben
Schwierigkeitsgrad: ***
Aufwand: *******
Um Rechte zu ächten müsst ihr euch nicht auf Diskussionen mit ihnen einlassen. Viel wichtiger ist es, dass andere von ihren Umtrieben erfahren. Watch-Blogs berichten von ihren Organisierungsbemühungen und ihren Eingriffen in die Diskussionen – online und offline. Es müssen dabei nicht immer die ganz großen Fische ins Auge gefasst werden. Was treibt die kommunale AfD-Fraktion im Gemeinderat? Wie organisiert sich die rassistische „Nein-Zum-Heim“-Ini im Landkreis? Vieles davon erfordert oft viel Rechercheaufwand, kann sich aber im besten Fall auch mal über die bekannten großen Medien verbreiten.

Zum Weiterlesen: