Es kann hilfreich sein, sich an diesen Rat zu halten. Wenn Du zum Beispiel in einem Rettungsring steckst. Oder wenn du beim Squaredance die Schritte nicht kannst und nicht auffallen möchtest. Oder wenn Du versuchst, mit einem Strohhalm an die Schokofüllung im Donut zu kommen.
Manchmal macht es aber auch überhaupt keinen Sinn. Der deutsche Inlandsgeheimdienst, der sich Verfassungsschutz nennt, hat diese Losung offenbar als universale Lebensweisheit parat und geht damit als selbsternannter Experte für Demokratie und Extremismus auf Aufklärungstour an die Schulen in Deutschland. Nach seinem Ermessen lässt sich der Leitspruch „Mitte bewahren“ auf politische Sitzordnungen und gebogene Metalle übertragen. An den Rändern des Parlaments oder beim Hufeisenmodell gilt dann: Außen lauert die Gefahr – um himmelswillen, bleib in der Mitte!
Der Verfassungsschutz gibt auch Bildungsmaterial heraus. Zum Beispiel Comics, in denen durchgespielt wird, was passieren könnte (keine Angst, ist nur gemalt, nicht echt), wenn Jugendliche die sichere Mitte der Gesellschaft verlassen. Egal in welcher Absicht Andi, Ben und Murat abweichen, sie landen im UNGLÜCK! ÄRGER! CHAOS!
Andy und seinen Freundinnen geht’s am besten, wenn sie einfach Basketball spielen gehen.
Aber Momentchen mal, was soll das überhaupt sein, die „Mitte“ einer Gesellschaft?
Warum sollten wir da rumkuscheln, wo’s doch gar nicht bequem ist?
Warum ist überhaupt ein Geheimdienst wie der Verfassungsschutz in der Schule und erzählt was über Extremismus? Muss man sich das anhören oder wird man sonst abgehört?
Vorbemerkung:
In der BRD gibt es drei Geheimdienste: Zwei Auslandsgeheimdienste, der Menschen und Staaten außerhalb der Staatsgrenzen ausspioniert, und den Inlandsgeheimdienst, der innerhalb der Grenzen Menschen bespitzelt. Die meisten Menschen werden beim Wort „Geheimdienst“ misstrauisch. Klaro: Leuten, die sich im Geheimen Informationen beschaffen wollen, die nicht für sie gedacht sind, sollte misstraut werden. Weil die Geheimdienste das wissen, haben sie sich freundlichere Namen ausgedacht. So nennt sich die deutschen Auslandsgeheimdienste „Bundesnachrichtendienst (BND)“, obwohl er gar keine Nachrichtensendung macht, und schon ein bißchen martialischer Militärischer Abschirmdienst (MAD). Der deutsche Inlandsgeheimdienst heißt „Verfassungsschutz (VS)“. Weil wir aber gewieft diese Strategie durchschauen, nennen wir den deutschen Inlandsgeheimdienst in dieser Broschüre „deutschen Inlandsgeheimdienst“.
Anmerkungen:
Alle zwei Jahre untersuchen Wissenschaftler_innen der Universität Leipzig die Verbreitung menschenfeindlicher Einstellungen in der Bevölkerung. Sie kommen zu dem Schluss, dass „rechtsextremes Denken in allen Teilen der Gesellschaft in erheblichem Maß verbreitet ist“, also kein Problem irgendwelcher „gesellschaftlicher Ränder“ ist, wie der Verfassungsschutz behauptet. Der Aussage „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ stimmen im Jahr 2014 52,5% der Befragten teilweise oder voll und ganz zu.
Die Studie kann hier als pdf heruntergeladen werden unter.
Als Reaktion auf den auch in dieser Broschüre erwähnten hochnotpeinlichen Comic des Verfassungsschutzes namens Andi erschienen: Die Mandi-Comics.
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Dieser Text ist aus unserer Broschüre „Geheimdienst gib Handy! Was wir am Verfassungsschutz kritisieren und warum der Geheimdienst nichts an der Schule zu suchen hat.“ Eine Übersicht aller Text findet ihr hier.