Hallo SaZ Team,
Mir hat die 10 Ausgabe sehr gut gefallen. Ich gehe selber noch zur
Schule und besuche derzeit die 12. Klasse.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich Abitur mache obwohl meine
Eltern die mittlere Reife haben. Naja, in den letzten Jahren hab ich
angefangen mich mit dem Thema Kapitalismus etc. zu beschäftigen und habe
angefangen Schule im Allgemeinen zu hinterfragen. Ich habe mir so oft
gedacht, du könntest dein Pflichtjahre machen und einfach aufhören.
Dann kannst du das machen was du wirklich willst, das lernen was du
wirklich willst. Aber letztendlich ist das alles dann doch nicht so
einfach wie in der Vorstellung. Ich meine letztendlich bin ich doch auf
dem Weg zum Abi. Ich lerne für Fächer die ich unnütz finde und
beschäftige mich mit Themen die mich langweilen. Und Sprachen wie
Französisch, welche ich generell gerne sprechen würde, sind als
Unterrichtsfach zum kotzen. Es wird erwartet, alles innerhalb einer
bestimmten Zeit zu lernen und wenn du nicht in der Lage bist, bist du dumm
oder faul oder beides.
Ich muss zugeben, dass ich mich nicht in ganzen Maße antikapitalistisch
in der Schule benehme. Zum einen mach ich Abi obwohl mich die meisten
Fächer nicht interessieren, zum anderen lass ich nicht jede_n bei mir
abschreiben. Durch die 10 Ausgabe SaZ ist mir erst bewusst geworden, wie
eingeschränkt mein Denken war. Ich habe Menschen nicht bei mir
abschreiben lassen, nicht weil ich wollte, dass sie das alles selber
lernen müssen und ich ihnen damit keinen gefallen tue, sondern aus
egozentrischen, kapitalistischen Wettbewerbseifer.
In einen Jahr werde ich mein Abi machen, nicht weil ich nich für den
Unterricht interessiere oder die Prüfung so spaßig finde sonder, weil ich
unsicher bin. Ich würde gerne auf eine selbstorganisierte Art lernen und
in gewisser weise tu ich dies ja auch, z.B. durch Zeitungen wie SaZ.
Aber um zu studieren, was ich gerne tun würde, nicht für andere sondern
für mich, muss ich ein Abi haben. Am besten noch ein gutes um überhaupt
an Unis angenommen zu werden.
Ich weiß nicht ob das was ich hier alles schreibe Sinn ergibt, aber das
geht mir so im Kopf herum.
Ich möchte so gerne diesen Kapitalistischen Strukturen in der Schule
etc. aber ich bin mir nicht sicher wie. Immer wenn ich überlegt habe
bzw. mich sogar entschlossen habe auf diese Art der Bildung zu scheißen
kommen Lehrer_innen, Mitschüler_innen etc. zu mir und reden mir ein ich
hätte keine Alternative. Mir ist bewusst, dass mensch immer eine
Alternative hat. Aber die Angst am Ende allein dazustehen war größer.
Ich würde mich auf eine Antwort freuen, war ihr dazu denkt.
Aller liebst Grüße! Eure Zeitung ist absolut super!!
Hey L.,
erst einmal freuen wir uns natürlich, dass Dir die SAZ gefällt!
Was Du beschreibst klingt für viele von uns sehr vertraut – „immer diese
Widersprüche“ würden ‚Die goldenen Zitronen‘ singen – der Schulbesuch
und der sogenannte ‚höhere‘ Abschluss gibt ein Versprechen auf mehr
Möglichkeiten im Leben und so ganz von der Hand zu weisen ist diese
Behauptung ja leider auch nicht. Auf der anderen Seite verschwendet man
seine Zeit mit Scheiß der einen nicht interessiert oder sitzt seine Zeit
einfach ab, ohne dass man eine Garantie hat, dass man am Ende zurecht
kommt in der Welt mit diesem Schulabschluss. Sich zwischen diesen
Widersprüchen zu bewegen ist nicht leicht, allzumal wenn alle um einen
herum diese Widersprüche gar nicht zur Kenntnis nehmen und einen immer
nur dazu anhalten im System drin zu bleiben.
Dass Du ‚zugibst, dich nicht immer antikapitalistisch zu benehmen in der
Schule‘ hat uns aber schmunzeln lassen, denn zeig uns die Person die
konsequent antikapitalisch ist. 🙂 Das geht unserer Meinung nicht, denn
Du hängst schon irgendwie mit drin, das ist bei uns nicht anders.
Trotzdem finden wir es cool und wichtig sich genau diesen Fragen zu
stellen. Welche Rolle hab ich? Wo werde ich vielleicht bevorzugt wo
andere benachteiligt werden und wie kann ich der ganzen Systemscheiße
eins auswischen? Manchmal ist das eben, indem man sich Hausaufgaben
teilt und wen abschreiben lässt oder indem man versucht sich dem
Wettbewerb zu entziehen. Dass das nicht immer leicht ist, ist klar!
Sich Möglichkeiten selber zu lernen zu suchen ist auf jeden Fall ne gute
Idee – zum Beispiel als Lesekreis mit anderen oder in irgendwelchen
Politgruppen. Jetzt wissen wir natürlich nicht in welcher Stadt oder
welchem Dorf du festsitzt, aber manchmal lassen sich Gleichgesinnte
finden mit denen sich das alles besser aushalten lässt!
Auch das Argument der Alternativlosigkeit ist ein altbekanntes und
besonders gemeines. Weil irgendwie fühlt es sich oft genau so an –
alternativlos. Aber das steckt auch tief drin in unserem System und der
Erzählung davon. Dass die Situation besser ist als jemals zuvor und dass
es keine anderen Lösungen für Probleme gibt oder das Probleme eben
natürlich und einfach so da sind und man nichts dagegen machen kann,
usw. Wir sagen: Is Quatsch und Her mit dem schönen Leben! Wir sind nicht
einverstanden mit den Zuständen, sei es in der Schule, bei der Arbeit
oder in der Politik!
Wir sind aber auch noch nicht am Ende unserer Überlegungen wie man das
schöne Leben bekommen kann und findens super, dass Du Dir auch Gedanken
machst. Durchhalte-Parolen wird’s von uns nicht geben, aber natürlich
wünschen wir Dir trotzdem, dass Du die Schule noch überstehst.
An dieser Stelle gibt’s dafür erstmal solidarische Grüße von uns, dem
Straßen aus Zucker-Team!