Interview mit Kraftklub
SaZ: Seid ihr immer noch froh, nicht in Berlin zu wohnen?
Kraftklub: Ja, auch wenn wir das letzte Jahr viel da waren und nicht daran gestorben sind, ist es in Chemnitz doch angenehmer.
SaZ: Wohnt ihr in Chemnitz oder in Karl-Marx-Stadt?
Kraftklub: Karl-Marx-Stadt steht im Ausweis. Genau wie Chemnitz. Können wir uns je nach Situation aussuchen.
SaZ: Hattet ihr jenseits der „In Schwarz“ Aktion schonmal Hassis auf?
Kraftklub: Ja.
SaZ: Unsere aktuelle Ausgabe dreht sich um Bildung und Ausbildung. Was hat euch an oder in der Schule am meisten genervt?
Kraftklub: Irgendwann feststellen zu müssen, dass man zwölf Jahre lang versucht hat, möglichst genau das wiedergeben zu können, was die Lehrer erzählt haben. Und dass das der größte Schwachsinn ist, den man anstreben kann.
SaZ: Euer Song „Ritalin / Medikinet“ dreht sich ja auch um Schule. Geht es da um Schulkritik oder ist das eher ein Bild für etwas anderes?
Kraftklub: Klar, da geht es auch um Schulkritik. Wenn du nämlich nicht so gut im Auswendiglernen und -wiedergeben bist wie die anderen, dann stimmt was nicht mit dir. Und wenn was nicht mit dir stimmt, dann solltest du am besten ein paar Pillen dagegen nehmen.
SaZ: In Berlin wurde eine Werbung für eure neue Platte in einer Ad-Busting-Aktion mit einem Antifa-Schriftzug übermalt. Hat euch das eher geärgert oder gefreut?
Kraftklub: Das fanden wir lustig. Gut gespielt, Antifa.
SaZ: Ihr habt mal in einem Interview gesagt, dass es der Antifa nur noch um Style und Action gehe und politische Inhalte keine Rolle mehr spielen würden. Aber macht ihr mit dem Album nicht genau das? Also den Antifa-Habitus und Klamottenstil zu benutzen, weil er cool ist, ihn aber von seinem politischen Kern abzuschneiden?
Kraftklub: Nein! Da ging es nicht um die Antifa, sondern um die Protestkultur. Um Krawalltourismus.
Und Nein! Wir machen nicht genau das. Wir sind uns dem politischen Kern sehr wohl bewusst. Wir sind in Chemnitz aufgewachsen. Harrington-Jacken waren in unserem Umfeld Symbol dafür, Nazis nicht das Feld zu überlassen. Nicht auf der Straße, nicht in der Mode. Erst recht nicht mit einer Symbolik, die sie sich ja zusammengeklaut haben aus der Sharp und Oi! Skin Szene. Wir beziehen politisch Stellung – in unserer Musik und auch abseits davon. Haben wir immer schon gemacht und machen wir weiterhin. Aber man muss auch mal mit Humor an Dinge herangehen dürfen. Vielleicht täte ein bisschen Selbstironie der linken Szene nicht schlecht.