Wenn aus Bildung Ausbildung wird – Fünf beliebte Weisheiten kritisiert

„Ich kann nur unter Druck lernen“
Wer das sagt, bringt eine Wirkung der Schule ziemlich genau auf den Punkt. Die Neugierde auf eigentlich Wissenswertes wurde ausgetrieben und was bleibt sind Lerninhalte, die vorgesetzt werden und die es zu schlucken gibt, um sie an einem bestimmten Zeitpunkt wieder ausspucken zu können. Spaß macht es nicht gerade, wenn die eigenen Bedürfnisse nichts zählen, das eigene Wissen benotet wird und immer das gelernt wird, was auf das Lehrer_innenpult kommt. Eine Folge davon ist, dass für viele Lernen zu etwas Negativem wird, zu dem es nur noch unter Druck kommt. Auf der anderen Seite kann aber auch fast jede_r von Lernerfolge berichten, bei denen der Druck kurz vergessen wurde und gerade dadurch gelernt werden konnte.

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“
Sprichwörter sind stets gut darin, Zeiten, in denen es einem nicht gut geht, als irgendwie notwendig zu verkitschen. In den Lehrjahren darf sich nicht über die Schikane der Lehrerin oder des Meisters beschwert werden, über miese Bezahlung oder schlechte Arbeitszeiten. Für all die Mühen und Demütigungen soll die Aussicht entschädigen, dass man selber irgendwann vor Azubis oder Schüler_innen sitzen wird und die dann nach Lust und Laune scheiße behandeln darf. Wie wär‘s stattdessen mit: Diese ganzen Machtspiele sein zu lassen und niemandem Lehrjahre zu bereiten.

„Du bist eher der handwerkliche Typ“
Verwandte und Lehrer_innen sind selten um eine ungefragte Bewertung Deiner Leistung verlegen. In dieser Gesellschaft ist dabei nicht selten noch eine eklige Einschätzung inklusive, was Dein Wesen so sei, wozu Du in der Lage bist und was Du nie lernen wirst. Wer von Kindesbeinen an hört, dass die Potenz des eigenen Gehirns angeblich nur für bestimmte Verwendungen auf dem Arbeitsmarkt taugt, glaubt das irgendwann. In diesem Fall vom „handwerklichen Typ“ heißt das: Richte Dich auf eine Position ein, in der Dir viel gesagt wird, Du wenig zu melden hast und in der Du weniger verdienst.

„Bildung darf keine Ware werden“
So lautet eine häufige Forderung auf Schüler_innen- und Student_innendemos. Auch uns nervt es, dass Bildung direkt auf die vermuteten Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet wird. Bei dieser Forderung wird aber so getan, als hätte es eine Zeit gegeben, in der das Bildungswesen nichts mit dem Hauen und Stechen der Marktwirtschaft zu tun hatte. Bildung im Kapitalismus hatte aber immer den Zweck, gute Arbeitskräfte und Staatsbürger_innen zu erziehen. Außerdem ist es wichtig zu erinnern, dass die im Vergleich zu heute größeren Freiräume, die es in vielen Unis und Schule eine Zeit lang gab, nie für alle Menschen offen waren. Das Humboldt’sche Bildungsideal von Bildung als Selbstzweck, dem oft nachgetrauert wird, hat – wenn überhaupt – immer nur für eine kleine Elite gegolten. Deshalb nützt kein wehmütiger Blick zurück, sondern nur die Anstrengung, den Kapitalismus endlich abzuschaffen, damit Bildung sich nicht mehr den Anforderungen der kapitalistischen Nützlichkeit unterordnen muss.

„Der ist ja dumm, die ist superintelligent“
Wir halten nichts von Zuschreibungen wie „dumm“ oder „intelligent“. Wenn mal etwas nicht auf Anhieb verstanden wird, ist es sehr einfach zu sagen: “Du bist einfach zu dumm dafür.“ Dabei wird so getan, als wäre Intelligenz eine von vornherein feststehende Größe, mit der wir uns abfinden müssen. Allerdings werden wir nicht dumm geboren, sondern dumm gemacht. Denn wer immer zu hören bekommt, dass sie_er das sowieso nicht verstehen wird, wird irgendwann aufhören es zu versuchen. Es ist aber möglich, diese Zuschreibungen hinter sich zu lassen und einfach zu üben, was nicht sofort gelingt. Witzigerweise kann auch für IQ-Tests gelernt werden und somit die „Intelligenz“ ungemein erhöht werden.