Hier der zweite Teil unseres Interviews mit Alec Empire über False Flags, Black Flags, Urheberrechte und Datenschutz
Euer Lied „Black Flag“ ist eigentlich eine Hommage an die Hackerszene, wurde dann aber von Sony für einen Werbespot benutzt. Was war da los?
Wir haben einen Song gemacht, in dem es um Dinge wie Wikileaks und um Whistle-Blowing geht. Dann hatten wir eine “Viral-Idee”, die nicht unbedingt sehr neu war: Nämlich dass die Fans uns Material für’s Video schicken, und am Ende sind nur die Leute, die ihr Material eingeschickt haben zu sehen und nicht wir.
Das ganze wurde interessant, als ein paar Wochen später Occupy Wall Street losging. Plötztlich haben viele Anonymus-Aktivisten gefragt, ob sie ihr Material einschicken können. Eigentlich war ja das Konzept, dass man den Song mitsingt, um sich zu der Message zu bekennen. Bei den Anonymus-Leuten sieht man natürlich gar nicht, dass die den Mund bewegen, weil sie diese Masken tragen. Aber wir haben gesagt: „Ja klar, schickt’s trotzdem!“ Und dann haben wir total viel Material bekommen. Aus Chile, von den Studierendenprotesten, aus Japan von den Anti-Nuclear-Protesten. Und dann bekamen wir sogar noch von Wikileaks Material von Julian Assange, wie er in London gesprochen hat.
Zur selben Zeit hat auch Anonymus das so ein bisschen als ihre Hymne gewählt, und es waren viele Clips auf Youtube. Wir hatten den Track als free download und dann ist er überall aufgetaucht. Der war dann auch plötzlich bei CNN, wenn die über Hacking berichtet haben.
Wir haben generell die Regel: Wenn jemand bei Youtube Sachen von uns reinstellt, schicken wir da jetzt keine Anwälte hinterher oder so. Wir sind da jetzt nicht so, dass wir alles aus der Hand geben und dann jammern, dass es falsch verstanden wurde.
Wenn jetzt Neonazis einen Song von uns nehmen würden, dann würden wir vielleicht doch den rechtlichen Weg gehen, um das zu unterbinden. Obwohl ich selbst da lieber andere Wege suchen würde.
Jedenfalls war es dann so, dass Anfang 2012 diese Anfrage von Sony kam. Die hatten irgendwas Neues auf den Markt gebracht und mit dem Song, den sie eigentlich für die Werbung nehmen wollten, hat irgendwas nicht geklappt. Die hatten aber die Werbespots fürs Fernsehen schon gebucht und brauchten schnell was Neues. Der Director fand den Song gut, irgendwie war klar, dass die den Sinn nicht so ganz verstehen. Ich hab dann im Vorfeld mit Leuten von Anonymus abgesprochen: OK, das Geld landet bei uns und ich überweise das dann direkt an diese Anwälte die Aktivisten unterstü… also, vertreten. Davor war ja gerade dieser Sony-Hacking-Skandal, ich weiß nicht, ob ihr das mitbekommen habt, wo die Playstation von Anonymus-Leuten gehackt wurde. Auch als Reaktion, weil Teenager zu riesigen Geldstrafen verurteilt wurden, weil die ihre eigene Software raufgespielt haben und so.
Da haben wir gesagt wir fänden das gut, wenn wir das Lied benutzen und das Geld dann durch-channeln, also das war halt eben…
Als der Spot lief wurde unsere Website zuerst angegriffen, von Hackern, die davon nicht wussten. Aber wir waren mit anderen in Kontakt und nach einem halben Tag hat das aufgehört.
Und als die Presse dann davon gehört hat, hieß es dann: „ATR haben das Geld von dem Sony-Spot an Anonymous-Hacker gespendet“. Und dann sind die natürlich total ausgerastet und wollten eigentlich den Spot wieder aus dem Fernsehen nehmen, aber haben sie dann auch so kurzfristig nicht mehr machen können, also es war ganz lustig. Kann man im Internet glaub ich ganz gut nachlesen. Aber es gibt natürlich immer noch Leute, die uns dafür hassen, weil sie finden, man darf keinen Song in einem Werbe-Clip haben. Aber es war für ne gute Sache wenigstens… .