Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Ich bin R., 19 Jahre alt und studiere an der Humboldt-Uni. Neben dem Bündnis Refugee Schul- und Unistreik bin ich bei Waffen der Kritik aktiv.
Welche Ziele verfolgt euer Bündnis?
Wir unterstützen alle Forderungen der Geflüchteten, vom Recht auf Arbeit, eine eigene Wohnung, Asyl für alle und das Wahlrecht bis zur Abschaffung von Frontex und anderen Grenzprogrammen der Europäischen Union, die für Tausende von Toten jährlich an den Außengrenzen Europas verantwortlich sind. An den Schulen und Universitäten stellen wir uns auch klar gegen das rassistische Bildungssystem, das Geflüchtete nicht studieren lässt und fordern Schulen und Unis, die offen für alle sind.
Wer unterstützt eure Proteste?
Es gibt ein breites Bündnis von zahlreichen Linken Gruppen und Jugendorganisationen bis hin zu gewerkschaftlichen Gruppen, wie der jungen GEW, die uns unterstützen. Die Grundlage unserer Arbeit sind aber die aktiven SchülerInnen, die sich in ihren Schulen organisieren. Sie besitzen die größte Mobilisierungskraft und tragen die Problematik täglich in den Unterricht. Während in anderen Städten wie in Hamburg eine stärkere Vernetzung zu den Gewerkschaften erreicht wurde, ist das hier noch nicht der Fall, doch wir hoffen, dass sich auch größere Organisationen unseren Protest unterstützen.
Das Bündnis in Berlin ist ja nicht das einzige. In welchen anderen Städten gibt es ebenfalls Initiativen und was ist dort gelaufen?
Die Berliner Initiative entstand durch das Vorbild von Hamburg, wo es im Dezember letzten Jahres einen Schulstreik für Bleiberecht mit der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ gab, der gut 5.000 SchülerInnen mobilsieren konnte. Auch in anderen Städten wie Duisburg, München, Bremen und Stuttgart fanden am 13. Februar Demonstrationen von Studierenden statt. Darüber hinaus gibt es natürlich eine noch viel breitere Refugee und Supporter Bewegung, die in allen Städten unterschiedlich ist.
Wie sieht die Zusammenarbeit im Berliner Bündnis konkret aus?
Wir haben wöchentliche Treffen, auf denen wir demokratisch die wichtigsten Entscheidungen treffen. Während es zu Beginn des Bündnisses noch relativ schwer war, einen gemeinsamen Nenner zu finden, ist dieser nun immer klarer und kein großer Diskussionspunkt, auch wenn die unterschiedlichen Gruppen und Individuen große Differenzen haben. Einig sind wir uns darin, den Kampf der Geflüchteten an die Schulen und Universitäten zu bringen, um unseren Beitrag zu einer kämpferischen Bewegung zu leisten.
Für den 1. Juli plant ihr eine Demo. Wie soll es danach weitergehen?
Wir wissen, dass der Senat und die Bundesregierung genauso wie die Europäische Union keine geringen Gegner sind und ihre Gesetze nicht grundlos ändern werden. Deshalb kann auch der 1. Juli nur eine Aktion sein, um eine noch breitere und kämpferischere Bewegung aufzubauen, die eine gesamtgesellschaftliche Relevanz gewinnt.
Was waren bislang eure positivsten Erfahrungen beim Refugee-Schulstreik? Was die größten Enttäuschungen?
Eine der schwersten Momente war die Räumung des Protestcamps am Berliner Oranienplatz. Besonders für die aktiven Geflüchteten bedeutete dieses gelungene Spaltungsmanöver des Senats einen herben Rückschlag, was sich auch in den folgenden Wochen und Monaten in einem Rückzug der Bewegung auch auf uns und andere Unterstützer-Strukturen auswirkte. Die überwältigendste Erfahrung war bei Weitem der erste Schul- und Unistreik am 13. Februar. Es war ein großes Fest und hatte gleichzeitig eine so weitreichende politische Aussage, die einen nur beeindrucken kann: SchülerInnen und Studierende setzen sich für die Rechte der unterdrücktesten Teile der Gesellschaft ein. Doch auch jedes Gespräch und jede Veranstaltung von Geflüchteten lässt einen überwältigt zurück, wenn die Refugees von ihren Erfahrungen, jedoch noch viel wichtiger, von ihrem Kampf, ihren Forderungen und der Perspektive der Bewegung berichten und zu überzeugen versuchen. In diesen Momenten wird klar, wie berechtigt und notwendig dieser Kampf für eine Lösung für alle Geflüchteten ist, dass kein Mensch mehr illegal ist.