Musik ist für alle da. Die Tanzfläche sowieso. Und Pop erst recht. Vor allem wenn sie aus dem Hause Audiolith kommt und auf den charming Namen Tubbe hört. Wir haben die Neo-Berliner, die gerade ihr Debut veröffentlich haben gefragt, was sie vom Raven und dem Pipi-Langstrumpf Konzept halten und was man tun muss, damit sie einem Kekse schicken.
We are in Love. Für mehr als 5 Minuten.
Straßen aus Zucker: Ihr tretet an den Rave zu revolutionieren. In eurem Presseinfo zum Album wird euch die Fähigkeit zugesprochen Ravefans der unterschiedlichsten politischen und sozialen Backgrounds auf einer Tanzfläche zu vereinen. Warum Rave? Warum dieses ekstatische Genre? Weil ihr Kinder der 90er seid?
Tubbe: Wir sind wahrscheinlich in erster Linie Kinder von ausgesprochenen oder genuschelten Schnapsideen. Was uns irgendwie das Wort Rave ins Boot gespült hat. Gott sei Dank treiben die entsprechenden 90 er Jahre Outfits noch auf unbekannten Weltmeeren der elektronischen Musik. Zudem lässt sich mit besagtem Rave hervorragend das Wörtchen Hooraave bilden. Wir arbeiten also in erster Linie so, dass uns Dinge erheitern. Sich die Welt hinbiegen, wie sie einem gefällt. Pipi-Langstrumpf-Konzept.
SAZ: Eure Musik ist ambivalent. Treibende, eingängige Beats und Synthieklänge vs. dezenten, zurückhaltenden Gesang. Tiefe Gefühle in den Texten vs. anorganische Elektromusik. Als Band wollt ihr Projektionsfläche sein, für die die Wünsche und Bedürfnisse eurer buntgemischten Hörerschaft. Ist die freie Assoziation die Essenz für die Vereinigung der Raver_innen dieser Welt?
Tubbe: Projektionsfläche für alle ungelebten Sehnsüchte und Gefühle zu sein, ist wahrscheinlich das, was Popmusik zu dem macht, was sie eben ist. Einem großen Wust von Emotionen und Übertreibungen, Leidenschaften und Verzweiflungen. Und zwar auf beiden Seiten. Produzierenden und Konsumenten. Unabhängig davon, in welchem Genre man sich bewegt.
SAZ: Ihr spielt viel in queeren Zusammenhängen. Warum?
Tubbe Weil man uns fragt. Weil wir wollen. Weil wir es können.
SAZ: Die queere Szene ist ähnlich bunt gemischt, wie euer Publikum. Erwächst aus diesem Umstand die Absicht, für ein breites raveaffines Publikum anschlussfähig zu sein?
Tubbe: Nein, wir kommen ohne Absichten. Einzig mit Liebeskummer und ein paar Liedern ausgestattet wagen wir es, die morsche Bühne der Popmusik zu betreten
SAZ: Ihr singt auf englisch und deutsch. Habt ihr internationale Ambitionen?
Tubbe: Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass es weniger um die eigenen Ambitionen geht, als um das was passiert, während man auf die Erfüllung der selbigen wartet.
SAZ: Tubbe sind jung, im März veröffentlicht ihr eurer erstes Album. Trotzdem habt ihr schon einige Erfolge eingefahren und eine Fanszene. Habt ihr den Nerv der nach Neuem lechzenden Ravefans getroffen oder seid ihr einfach gut vernetzt?
Tubbe: Wir haben beide exorbitant viele Facebookfreunde, denen wir gerne und jedes Jahr zum Geburtstag gratulieren. Das hält Herz und Hände warm In besonderen Fällen senden wir Kekse. Als Dank baden wir in einem nicht enden wollenden Füllhorn der Zuneigung. Vielleicht treffen wir aber auch Nerven, ohne es zu wollen. Wenn dem so ist und irgendwer aufgrund dessen Schmerzen hat, tut es uns leid.
SAZ: Ihr seid kürzlich von München nach Berlin gezogen. Wie sehr verändert das Musikmachen euer Leben?
Tubbe: Durch real erfahrene Armut arbeiten wir redlich, beflissen und eifrig.
SAZ: Aber sollte es gegen Armut nicht bessere Wege geben, als eifrige, beflissene Arbeit? Wo das ja nicht mal ein verlässliches Mittel ist. Viele Menschen arbeiten ja viel und die Kohle reicht trotzdem nicht.
Tubbe: Für die meisten Musiker eine heitere frage. Die Antwort wäre wohl für geleistete Arbeit angemessen bezahlt zu werden.
Das würde dann auch heißen: Menschen klauen Musik nicht, wollen nicht ständig umsonst auf Konzerte gehen und weinen nicht, wenn sie 12 euro für ein Bandshirt zahlen müssen, das bei American Apparel das dreifache kostet.
Musiker reisen quer durch die ganze Republik und spielen für ungefähr drei euro. Weil alle denken, dass es doch auch total viel spaß macht? Und mit spaß kann man bekanntlich die Miete für ein Penthouse bezahlen.
Es ist recht verzwickt eine Antwort auf die Frage zu geben, an der gerade komplette Gesellschaften kaputtgehen.
SAZ: Im Gegensatz der meisten Vertreter_innen der Ravezunft strotzen eure Texte von zwischenmenschlichem Gefühl. Banale Slogans finden sich kaum. Aus welchen musikalischen Backgrounds kommt ihr?
Tubbe: Klausen ist ein meisterhafter Produzent und hat seine Ohren durch jahrelanges Punk-, Metal- und Jazztraining in Topform gebracht. Sie nehmen an internationalen Aerobic–Wettbewerben teil. Steffi hingegen hat sich durch ein Musikstudium gequält und spielt seither schnell und brillant E-Bass. Sie sollte sich mit Jazz auskennen. Tut aber nur so. Ist allerdings ein Meister des Pops und seiner Klatschgeschichten. Pop ist eben auch das, was man daraus macht.