Deichkind gilt Vielen als eine „irgendwie“ politische Band. Ob Textzeilen, die linken Parolen entliehen sind, oder Auftritte bei antifaschistischen Aktionen – einiges spricht dafür. Wir wollten es genauer wissen und haben ein kurzes Interview mit DJ Phono von Deichkind geführt. Allerdings haben wir den Interview-Spieß diesmal ein wenig umgedreht und Fragen genommen, die Deichkind in einer Umfrage selbst ihren Fans gestellt haben. Here we go:
SaZ: Findest Du, dass Deichkind eine politische Band ist? Kritisch, radikal oder angepasst? Wenn ja: Worin drückt sich dies aus?
Phono: Wir bestehen aus vielen verschiedenen Menschen mit völlig unterschiedlichen Interessen. Einige von uns sind politsch interessiert und motiviert andere wiederum überhaupt nicht. Die meisten von uns gehören einem der größeren Lager innerhalb der Band an. Den Dinkels oder den Kapitalos. Es gibt also durchaus kritische Tendenzen in der Formation, die auch immer wieder erkennbar sind.
Allerdings hat sich das Konzept Deichkind als Erscheinungsbild formal für eine Unterhaltungsgruppe, die in der Pop- und Massenkultur verortet ist, entschieden, weswegen man auch von einer Anpassung an den Kontext, in dem wir wirken wollen, sprechen kann.
SaZ: Ist Deichkind für oder gegen das herrschende System?
Phono: Wir haben was dagegen, wir wollen das so nicht haben.
SaZ: Was sagen Dir Parolen wie „Kein Gott, kein Staat, lieber was zu saufen“ oder „Arbeit nervt“? Wie sind diese Parolen gemeint?
Phono: Nix und alles. Ich habe diese Texte nicht verfasst, aber ich denke die meisten von uns betrachten Deichkind als eine Projektionsfläche. Ein leeres Gefäß, in das jeder das reinfüllen kann, was er will. Daniel Richter formulierte recht passend sinngemäß nachdem er eine Show gesehen hatte: Deichkind bedient sich bei allem, was in den letzten Jahrhunderten mit Fantasie zu tun hatte, und klatscht es in zerstümmelter Form zusammen.
Das Gleiche gilt wohl auch für die Texte. Deichkind ist aber nicht beliebig, nicht haltungslos.
Und ich möchte in diesem Zusammenhang das immer wieder auftauchende Missverständnis korrigieren, dass sich ein Lied wie „Arbeit nervt“ gegen Empfänger sozialer Leistungen richten würde. Hier wurde der Interpretationsspielraum verlassen.
SaZ: Sind die auf der Bühne agierenden Protagonisten austauschbar?
Phono: Ja, sind sie. Das beweisen mehrere Umbesetzungen. Das Konzept Deichkind untersucht auch Themen wie Authentizität im Pop durch Anonymisierung der Protagonisten.
Zudem versuchen wir dadurch auch Fan/Band-Hierarchien abzuschwächen. Die Idee Deichkind ist universell und funktioniert unabhängig von Personen, denn sie bedient sich der allgemein verständlichen Sprache des Spektakels und der Musik. Ein Austausch ist aber nicht beliebig möglich.
SaZ: Könnten Deiner Meinung nach auch Frauen bei Deichkind in Zukunft mitmachen?
Phono: Ja, unbedingt! Ich würde das begrüßen. Weniger Proll und Machismo können sicher nicht schaden.
SaZ: Wie viele Leute sind Deichkind?
Phono: Ich bin gerade zu faul genau nachzuzählen, aber ich schätze die Zahl auf ca. 15-20 Personen, die Deichkind zu dem machen, was es ist.
SaZ: Hast du schon mal bei H&M geklaut?
Phono: Nö, aber ich plane gerade einen größer angelegten Unterwäscheklau.
SaZ: Viel Erfolg und Danke für das Interview!